Hohe Anforderungen an synthetische und biogene Brenn- und Kraftstoffe
02. Februar 2021 – Neue synthetische und biogene Brenn- und Kraftstoffe haben das Potenzial, erdölbasiertes Benzin und Diesel sowie Heizöl abzulösen und die Mobilität und Wärmeerzeugung künftig klimaschonender zu machen. In Teil 2 unserer kleinen Artikelserie haben wir erläutert, dass sie dazu betriebssicher, also drop-in-fähig und kompatibel mit technischen Komponenten und Materialien sein müssen. Welche Anforderungen zu erfüllen sind und mit welchen Prüfverfahren Tec4Fuels das künftige Verhalten von Kraftstoffen und Bauteilen untersucht und ihren betriebssicheren Einsatz validiert, lesen Sie in diesem Artikel.
Bei erdölbasierten Kraftstoffen sind die Verbraucher Komfort, Sicherheit, Dauerhaltbarkeit der Motoren und ein erschwingliches Preisniveau gewohnt. Das wird auch von neuen synthetischen Kraftstoffen als selbstverständlich erwartet. Aber die Anforderungen an die teils noch in der Forschung befindlichen neuen biogenen und synthetischen Kraftstoffe sind noch deutlich höher und stellen die Kraftstoffhersteller, Motorenentwickler und Heizungshersteller vor neue Herausforderungen. Bereits im Vorfeld stellt sich die Frage nach geeigneten Rohstoffen und ihrer Verfügbarkeit für eine auf mittlere und lange Sicht ausreichende und versorgungssichere Herstellung großer Kraftstoffmengen. Eng verknüpft mit der Auswahl der Rohstoffe ist die Frage nach der Nachhaltigkeit biogener und synthetischer Kraftstoffe. Die Erneuerbare Energien-Richtlinie 2 (Renewable Energy Directive, RED II) der Europäischen Union gibt vor, dass das Treibhausgaseinsparpotenzial größer als 70 % gegenüber erdölbasierten Kraftstoffen sein muss. Zudem sind gemäß der RED II Nutzungskonkurrenzen mit der Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln zu vermeiden. Aus Sicht der Mineralölwirtschaft müssen bereits in einem frühen Stadium die Investitionskosten für die Errichtung industrieller Produktionsanlagen, die laufenden Betriebs- und die Rohstoffkosten abgeschätzt werden.
Hohe Anforderungen an synthetische Brenn- und Kraftstoffe
Nicht zuletzt sind auch Anforderungen der jeweiligen technischen Anwendungen zu berücksichtigen.
- Die Kraftstoffe müssen sicher handhabbar und innerhalb der bestehenden Logistik und Tankstelleninfrastruktur nutzbar sein.
- Sie müssen rückwärts kompatibel sein, also auch mit älteren technischen Systemen (Motoren, Heizungen, etc.).
- Sie müssen „Drop-in-Qualität“ besitzen, das heißt mit herkömmlichen Kraftstoffen problemlos mischbar sein und das Potenzial zur Verbesserung der Kraftstoffqualität haben
- und nicht zuletzt auch von den Kunden akzeptiert werden.
Wenn künftig neue klimaschonende, flüssige Kraftstoffe dem Benzin und Diesel beigemischt werden, ändert sich deren Zusammensetzung. Die in den Normen vorgeschriebenen, rein analytischen Laborprüfverfahren sind nicht immer in der Lage, Kombinationen aus Querreaktionen von Brennstoffbestandteilen und Additiven unter den Einsatzbedingungen in der modernen Anwendungstechnik sicher zu identifizieren. Dadurch stellen sich für die Mineralölwirtschaft und Fahrzeughersteller neue Anforderungen an die Qualitätssicherung von Kraftstoffen. Damit ein Kraftstoff „Fit for Purpose“ wird, muss er vor seiner Markteinführung umfassend getestet werden. Das umfasst beispielsweise die Überprüfung
- möglicher Wechselwirkungen zwischen den Materialien kraftstoffführender Bauteile und den Kraftstoffen
- sowie zwischen biogenen bzw. synthetischen und herkömmlichen Kraftstoffen in unterschiedlichen Mischungsanteilen
- und des Verbrennungsverhaltens.
- Hinzu kommen Langzeittests von Kraftstoffen unter Laborbedingungen und
- Feldtests und Tests von geschlossenen Fahrzeugflotten in Modellregionen.
Tec4Fuels hat spezielle Prüfverfahren entwickelt, mit denen neue Kraftstoffe zügig und zuverlässig validiert werden können.
Statische Prüfverfahren zur Qualitätssicherung von Kraftstoffen
Prinzipiell müssen alle in Verkehr gebrachten alternativen Brenn- und Kraftstoffe mit Beimischungen biogener oder synthetischer Anteile, die erdölbasierte Kraftstoffe ersetzen können, den jeweiligen Normen entsprechen. Beispiele dafür sind Bioheizöl (enthält bis zu 10 % Fettsäuremethylester, FAME) im Raumwärmemarkt, Superkraftstoff E10 (bis zu 10 % Ethanol) und Dieselkraftstoff (enthält bis zu 7 % Fettsäuremethylester, FAME). Damit soll sichergestellt werden, dass ihre Qualität bei der Auslieferung ausreichend hoch ist, so dass die Betriebssicherheit von Komponenten in technischen Systemen wie Motoren oder Heizgeräten gewährleistet ist. Eine Aussage über die Lagerstabilität der Brenn- und Kraftstoffe kann über die Prüfungen der Anforderungen nach den Normen nicht erfolgen. Brenn- und Kraftstoffe altern je nach ihrer Zusammensetzung unterschiedlich schnell und verhalten sich bei der Alterung auch unterschiedlich. In Alterungstests werden diverse Brenn- und Kraftstoffproben bei Tec4Fuels unter definierten Bedingungen gelagert, die den Belastungen in der realen Anwendung nahekommen. Um ihre Langzeitstabilität zu prüfen, werden die Proben über unterschiedlich lange Zeiträume und Temperaturniveaus geprüft. Die Dauer der Lagerung kann je nach Versuchsdesign zwischen 1 und 24 Monaten betragen und die Temperaturen zwischen 8° und 80 °C variieren. Generell ist bei den Untersuchungen festzustellen, dass die Beimischung von FAME als alternativer Komponente zu Dieselkraftstoff beziehungsweise Heizöl ohne Stabilisierungsmaßnahmen mögliche Alterungsreaktionen verstärken kann. Dadurch sinkt die Oxidationsstabilität des Brenn- bzw. Kraftstoffs und es bilden sich Sedimente im Laufe der Lagerung. Eine geeignete Additivierung der Brennstoffmischung mit Antioxidantien verzögert Alterungsreaktionen jedoch deutlich.
BigOxy: Lagerstabilität von Brennstoffen schneller testen
Für eine erste und schnelle Aussage über die Langzeitlagerstabilität eines Brenn- oder Kraftstoffs eignet sich das BigOxy-Prüfverfahren. Dabei handelt es sich um einen forcierten Alterungstest, der den Brennstoff unter variablen Bedingungen so „stresst“, dass die Autoxidationsreaktion forciert wird. Diese Schnellalterung stellt sich bei Drücken zwischen 1,2 und 5 bar und Temperaturen von bis zu 250 °C ein. In der Regel sind die Tests je nach Anforderung auf eine Dauer von 64 oder 128 Stunden angelegt. Geeignet ist das BigOxy-Prüfverfahren sowohl für Heizöl bzw. Dieselkraftstoff als auch Benzin, auch mit unterschiedlichen Beimischungen alternativer Kraftstoffe sowie Additiven.
Dynamische Prüfverfahren für anwendungsnahe Tests
Für die Untersuchung der Kraftstoff-Hardware-Interaktion in Motoren- oder Heizungstests sind vergleichsweise lange Zeiträume und große Mengen Brennstoff erforderlich – das bringt hohe Kosten mit sich. Chemische Kraftstoffanalysen zeigen zwar den Ist-Zustand des Kraftstoffes, können aber nicht alle Aspekte der Kraftstoff-Bauteil-Interaktion abbilden. Zur Untersuchung einer entsprechenden Matrix an neuartigen Kraftstoffen und ihrer Mischungen hat Tec4Fuels eine Prüfmethode entwickelt, die bei geringem Aufwand mit kleiner Probenmenge in möglichst kurzer Zeit eine größere Zahl an Kraftstoffen testen kann.
Mit HiL-Tests Wechselwirkungen erkennen
Das von Tec4Fuels für unterschiedliche Anwendungen genutzte „Hardware-in-the-loop“ (HiL) Prüfprinzip bietet hier eine Lösung. Der Kraftstoff wird wie im realen System durch sämtliche zu untersuchenden kraftstoffführenden Bauteile gefördert, aber nicht verbrannt. Er wird wieder aufgefangen und im Kreislauf weiter durch die Bauteile gefördert. Dadurch bleibt das benötigte Kraftstoffvolumen gering und die Alterung wird beschleunigt.
Dies stellt vor allem bei den Kraftstoffen einen großen Vorteil dar, die sich in der Entwicklung befinden, da in frühen Stadien nur geringe Mengen verfügbar sind. Gerade im Bereich der Kraftstoff-/ System-Interaktion in modernen Diesel Pkw ist ein HiL-Test den Motorentests hinsichtlich Kosten, Flexibilität und Kraftstoffbedarf überlegen. Das Design des HiL-Prüfstands kann so aufgebaut werden, dass es das gesamte System kraftstoffführender Bauteile vom Tank über Intank-Pumpe, Filter, Hochdruckpumpe, Rail bis hin zum Injektor enthält. Dieses Prinzip hat Tec4Fuels auch mit den technischen Komponenten von Heizungssystemen, wie Filter, Pumpe, Vorwärmer und Düse, in einem Prüfstand aufgebaut. Damit sind sowohl Tests unterschiedlicher Brennstoffe als auch technischer Komponenten möglich. Mit periodischen chemischen Analysen sind Alterungseffekte von Brennstoffen im Laufe des HiL-Tests bestimmbar. Auch die Wirksamkeit von Additiven lässt sich so feststellen. Zudem geben Sichtprüfungen der technischen Bauteile Aufschluss über mögliche Wechselwirkungen mit Brennstoffen.
Beispiele dafür sind
- der HiL-Pumpentest
- der Schnelltest für Dieselinjektoren
- der Heizöl-Performancetest
Kurz gesagt:
Herkömmliche Testverfahren sind entweder zeitaufwändig und teuer oder sie erlauben nur Aussagen über den aktuellen Zustand eines Brenn- bzw. Kraftstoffs. Die Tec4Fuels GmbH kann mit ihren anwendungsnahen Prüfverfahren valide Aussagen über das künftige Verhalten von Brenn und Kraftstoffen treffen. Die Verfahren sind vergleichsweise schnell und preiswert durchführbar. Sie geben Herstellern die Gewissheit, dass sie mit betriebssicheren Produkten in Flotten- oder Feldtests bzw. den Markt gehen.
Den Vortrag von Simon Eiden, Tec4Fuels, zu anwendungsnahen Prüfverfahren auf youtube anschauen.
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